Über Jörg Schmitz

Portraits: Robert Schittko

VITA

*1969 in Hannover

1991-2000 Studium an der Hochschule für Gestaltung (HfG) Offenbach am Main
u.a. bei Prof. Friedrich Friedl, Prof. Adam Jankowski, Prof. Ruedi Baur und Franz Mon

2008-2013 Atelier im thema studio, Heyne Fabrik Offenbach am Main
2013-2022 Atelierhaus am Villaberg, Gelnhausen
seit 2022 Atelier im Alten Hafenamt Hanau

ANKÄUFE/SAMMLUNGEN
Artothek Hannover
Artothek Neu Isenburg
Eintracht Frankfurt
Evonik Industries
Klingspor Museum für Internationale Schrift- und Buchkunst Offenbach
Kunstleihe Harburg
Museum der Moderne, Salzburg
Sammlung Region Hannover
Sammlung Schloss Wächtersbach
Stiftung Schrift und Bild
STRABAG
T–Systems
VR Bank Bad Orb–Gelnhausen

AUSSTELLUNGEN
Klingspor Museum Offenbach (D), 1996/2011
Europäisches Parlament, Strasbourg (F), 2009
Gaswerk, Köln (D), 2009
Times Square Building, New York (USA), 2009
Galerie Wechselstrom, Wien (A), 2009/2011
Galerie Laue, Frankfurt am Main (D), 2011/2013
Institut für Neue Technische Form (INTEF), Darmstadt (D), 2011
KunstKontor, Wiesbaden (D), 2012
Zeche Zollverein, Essen (D), 2012
daslichtlabor, Rüdesheim/Nahe (D), 2012
Biennale Kunstansichten, Offenbach am Main (D), 2013
Evonik Industries AG, Essen (D), 2013 (Ankauf, ständige Sammlung)
Galerie Kunstforum Seligenstadt (D), 2014
Sommersalon, Gelnhausen (D), 2014
JOH 2, Gelnhausen (D), 2015
SCHMITZ Pop/Up, temporäre Galerie, Frankfurt/Main (D), 2015
HanseArt 2017, Lübeck (D)
Galerie Haus der Region, Hannover (D), 2017
Schloß Landestrost, Neustadt/Rbge. (D), 2017
Atelierspaziergang Hannover (D), 2017
Brüder-Grimm-Haus, Steinau (D), 2017
Alte Synagoge, Gelnhausen (D), 2018
Main-Kinzig-Forum, Gelnhausen (D), 2018
ehem. Wächtersbacher Keramik, Brachttal (D), 2019
Galerie Sued, Leipzig (D), 2021
Galerie Altes Hafenamt Hanau (D), 2022/23
Stiftung Schrift und Bild, Hanau, (D) 2023
Deutsche Digitale Bibliothek, 2023
Galerie Neustädter Rathaus, Hanau (2024, in Vorbereitung)


Schrift, Geste, Bild, Ornament:
Der Künstler Jörg Schmitz


Seit über zwei Jahrzehnten ist der deutsche Maler Jörg Schmitz (geboren 1969 in Hannover) auf einer künstlerischen Reise, die mit der Befreiung des einzelnen Buchstabens begann und bis zur Entwicklung der Ausdrucksmöglichkeiten der Geste reicht. Aus dieser Transformation entstehen Bilder, die sich nicht auf einen Stil festlegen. Der Künstler ist von der kontinuierlichen Infragestellung des Bestehenden getrieben: das System der Sprache ist für ihn die Oberfläche, hinter die es zu schauen gilt. Aus diesem Abenteuer heraus kreiert er ein eigenes Vokabular.

»Durch jahrelange Übung gelang es Jörg Schmitz, das »ordentliche Schreiben« zu verlernen und den Mitteilungsdrang zu verlassen. Damit entstand Raum für das, was die Hand als Seismograph der inneren Verfassung produziert: das Ungesehene, Unperfekte, Ungewöhnliche, Unterbewusste. Die Form des Wortes hat seine Bedeutung verlassen. Schrift wird zum Bild, zur Zeichnung, zum graphischen Ereignis.«

(Dr. Frank Berger)

Schmitz sieht seine frühen Arbeiten in der Tradition der visuellen Poesie und des deutschen Informels der 1950er Jahre. Sein künstlerischer Ansatz bezieht sich auf Methoden von Ikonen wie Karl Otto Götz, den er 2009 traf oder K.R.H. Sonderborg. Ein Katalog Sonderborgs war einer der ersten Kunstkataloge, den ihm sein Vater schenkte. Nichtsdestotrotz zögerte Schmitz nicht, seinen eigenen Formenkanon zu entwickeln. Die Aussage Robert Motherwells »art is an experience, not an object« teilt er ausdrücklich.

»Die ornamentale Figur, die Schmitz zitiert und verarbeitet, ist die der Schrift. Er stellt sich damit in den Kosmos der Weltschriften, die jeweils auf eine Sprache oder Sprachenfamilien verweisen, die wiederum ein eigenes semantisches Universum abbilden. Im formalen Zitieren dieser Schriften, im körperlich-gestischen Ausdruck, stellt er sich als Künstler in diese Tradition und legitimiert sich so für den künstlerischen Diskurs, in dem es um Schriftzeichen und Bedeutung, um Wiederholung und Ausdruck, um öffentlich und privat geht.« 

(Prof. Wilfried Köpke)

Mehr und mehr emanzipiert sich Schmitz’ Werk von der Lesbarkeit hin zu reifen Statements der puren Geste, die sich mit ihrer Herkunft  verbindet. So konzentriert sich Schmitz’ Interesse derzeit auf das Prinzip der Collage. Indem er kraftvollen Ausdruck und Stille gleichermassen feiert, vereint der Künstler scheinbare Widersprüche. Mäandernd zwischen formaler Einfachheit einerseits und geistiger Komplexität andererseits wiederholt Schmitz konstant die Zyklen des Konstruierens und Dekonstruierens visueller Sprachen. Die kontinuierliche Arbeit zu Themen wie Kontrast und Bewegung führt Schmitz zu einem besseren Verständnis seines künstlerischen Vokabulars. »Bedeutung ist für mich keine Kategorie von Kunst. Unsere Symbole sind doch längst zu Nicht-Zeichen geworden«, so Schmitz. Obwohl die Geste selbst sich von einer Bedeutung entfernt, behauptet sich ihre Präsenz in einer Art Metabedeutung auf geistiger Ebene.

In seiner frühen Serie »JETZT« stellte sich der Künstler der Aufgabe, ein Wort zu finden, das sich in einem Zuge schreiben lässt. So entsteht eine Art künstlerischer Signatur, die sowohl den Moment ihrer Entstehung als auch den Werkschaffenden reflektiert. Vormals von einem nahezu designorientiertem Ansatz gestartet, ist es heute eher die Qualität des Unperfekten und die Schönheit des Unfertigen, die Schmitz faszinieren.

»In seinen Arbeiten befreit Schmitz die Schriftzeichen von ihrer traditionellen Aufgabe, mit einem Laut der gesprochenen Sprache zu korrelieren oder als Symbol einen Begriff zu konnotieren. (…) Stets bleibt hinter der Fassade der Störungen die tradierte Schreibbewegung als Kern bestehen: eine schnelle, kaum unterbrochene Linienführung. Indem Schmitz die wesentlichen Züge der Schreibschrift in einen neuen, zweckfreien Schreibraum überführt, ermöglicht er uns, über die Vielfalt und die Schönheit der Kurrent zu staunen.«

(Prof. Dr. Anja Voeste)

In jüngster Zeit stellt Schmitz das Notizhaft-Hingekritzelte als Ornament den »Patterns« des Alltags gleich. Hinter diesen Patterns stehen – wie auch hinter dem Notizhaft-Hingekritzelten – Erinnerungen, Erlebnisse, Geschichten. Was dahinter ist, ob aus dem Flüchtigen etwas bleibt – und wenn ja, was? – müssen die Betrachtenden in ihrer Erfahrung an Schmitz’ Arbeit aushandeln.